Die «Ligne de désir» – die Linie des Begehrens oder der Weg des geringsten Widerstands – dient als Leitprinzip für die Gestaltung der Verbindung zwischen dem Viertel Champ-du-Château und dem Strand von Vengeron.
Nach einer gründlichen Analyse wurde festgestellt, dass das neugeschaffene dreieckige Wäldchen als Ankunftsort optimal geeignet ist und ideale Verbindungen zu den drei Zielen, der Freizeitanlage, dem Hafen und der Straße, bietet.
Um eine möglichst intuitive und natürliche Wegverbindung zu schaffen, orientiert sich der Wettbewerbsbeitrag an den Prinzipien des Trampelpfades.
Ähnlich einem Trampelpfad wird ein direkter Weg zum Strand geschaffen. Allerdings weicht ein Trampelpfad oft von der idealen Linie ab, selbst wenn das Ziel in Sichtweite liegt. Der Mensch neigt dazu, beim Gehen nur wenige Meter vorauszublicken und gelegentlich aufzublicken, um das Fernziel zu überprüfen. Währenddessen verlässt er bereits den kürzesten Weg nach rechts oder links. Ein Trampelpfad mäandert daher natürlicherweise.
Die Gestaltung des Trampelpfades ist das Ergebnis eines Kompromisses zwischen verschiedenen Faktoren. Es werden bereits vorhandene Wege berücksichtigt, zu störenden Elementen wie der Autobahn wird Abstand gehalten, die Aussicht über den See wird berücksichtigt, bauliche Hindernisse werden umgangen, die Überquerung der Straße erfolgt möglichst direkt und mit einem kontinuierlichen Gefälle wird der Zielpunkt erreicht, ohne die ParkbesucherInnen zu stören.
In Kombination mit diesem Leitgedanken, wurde der Wettbewerbsbeitrag unter Berücksichtigung verschiedener Aspekte wie Materialeffizienz, architektonische Qualität, Beziehung zum natürlichen Gelände, und den vorhandenen ökologischen Werten optimiert. Die Brücke wird so gelegt, dass sie nicht den für den Parkbetrieb wertvollen Bereich besetzt und somit in dem rückwärtigen Böschungsbereich der Unterführung liegt. Um die statischen Aufwendungen gering zu halten, überspannt sie die Strasse auf einer möglichst geringen Distanz und vermeidet Gefahrenbereiche wie den Explosionskegel. Besonderes Augenmerk wurde auf eine harmonische Integration der Brücke in die Umgebungsgestaltungen des Oxialis und des Hafenprojekts gelegt.
Die «Ligne de désir» bildet somit eine natürliche und zugleich funktionale Verbindung, die den Bedürfnissen der Nutzer durch die mäandrierende Wegführung verschiedenen Erlebnissen und Blicken bietet und eine angenehme und effiziente Fortbewegung ermöglicht.
AuftraggeberIn
Gemeinde Bellevue, Genf
Auftragsart
Offener einstufiger Wettbewerb 5. Rang
Statik
Seforb Sàrl
Im Zeitalter wachsender Urbanisierung und begrenzter Flächenressourcen ist es von entscheidender Bedeutung, bei der Planung von Ersatzneubauten einen nachhaltigen Ansatz zu verfolgen. Bei der Entscheidung, bestehende Gebäude zu ersetzen, sollte das Potenzial der Verdichtung bestmöglich ausgeschöpft werden.
Ausgehend von den vielseitigen Veranden, spannt sich in den Wohnungen ein grosszügiger Raumfluss über zwei Fassadenseiten auf. Kochen, Essen und Wohnen fliessen ineinander und weiten sich in einen offenen Seitenbereich aus, der als Arbeits-, Lese- oder Rückzugsbereich genutzt und durch raumhohe Schiebetüren zum Wohnen zugeschaltet oder abgetrennt werden kann. Zusammen mit der Veranda und dem Balkon entsteht eine gehobene Wohnlandschaft mit diversen Möglichkeiten der Bespielung und unmittelbarem Bezug zum umgebenden Naturraum. Entlang der dritten Fassadenseite jeder Wohnung schliesst sich eine strukturelle Schicht von Zimmern an, in welcher die intimeren Schlafräume durch Verteilräume von den Wohnlandschaften separiert sind. An diese Verteilräumen sind ebenfalls die Nassräume angeschlossen, deren Badewanne den unmittelbaren Sichtbezug zur privaten Veranda bietet. Im nördlichen Teil des Erdgeschosses befindet sich die Pfarrwohnung. Direkt mit der Wohnung verbunden, schliesst sich das Pfarrbüro im Westen an. Neben der internen Verbindung wird das Büro auch durch eine öffentliche Adressierung in unmittelbarer Nähe der Steinligstrasse erschlossen. Extern, aber auch aus dem Treppenhaus, wird der flexibel nutzbare Gemeinschaftsraum / Gästeunterkunft erschlossen. Dieser öffnet sich zum gefassten Aussenbereich im Westen und steht allen Bewohnern und Bewohnerinnen zur Benutzung zur Verfügung.
Unter Beachtung aller gegebenen Strassen- und Grenzabstände setzt sich der Baukörper mit breitem Rücken an den nördlichen Parzellenrand. Hangabwärts verschmälert sich die Kubatur zu einer polygonalen Figur und fasst so Aussenräume vor den Wohneinheiten im Osten und Westen. In optimaler Südausrichtung gewährt diese Abwicklung allen Wohnungen eine dreiseitige Ausrichtung samt Ausblick in die Weite und den unmittelbaren Bezug zum umgebenen Grünraum. Das Hochparterre der talseitigen Wohnung wahrt die Distanz zur Umgebung.
Diese geometrisch optimierte Anordnung des dreispännigen Wohnhauses findet im zentralen Gelenkpunkt ihre interne Erschliessung. Unter Ausnutzung des Geländeverlaufs erschliesst jeder Treppenlauf Wohnungen in den halbgeschossig versetzten Nord- und Südteilen des Neubaus. An den zentralen Treppenraum unmittelbar anschliessend, öffnen sich die Veranden der einzelnen Einheiten. Sie dienen als Auftakt und Entrée in die privaten Wohnungen und nehmen eine Schlüsselrolle der Grundrissorganisation ein.
Die Veranden sind Teil der Wohnungen, jedoch als unbeheizte Aussengeschossfläche ausgewiesen. Da sie je eine Einheit erschliessen, gelten keine erhöhten brandschutztechnischen Anforderungen. So können die Veranda-Räume frei möbliert und genutzt werden und fungieren als zusätzliches Zimmer der Wohnung. Ihre raumhoch verglasten Fassadenöffnungen können komplett geöffnet werden, so dass die Kalibrierung der Veranden zwischen Sommerzimmer und Wintergarten durch die Bewohnenden individuell erfolgen kann. Grosszügig dimensioniert und den Innenräumen gleichwertig materialisiert, entlasten die Veranden zudem den inneren Wohnungsgrundriss. Als klassisches Entree mit ausreichend Platz für Schuhwerk, Pflanzen und Kinderwagen sind sie ebenso wertvoll, wie als ganzjähriger Essplatz im Zwischenklima oder als multifunktionaler Wohnraum in Ergänzung zu den inneren Angeboten. Ganzjährig bieten sie eine wertvolle Ergänzung zum Leben in den Wohnungen.
Die wirkungsvollste Nachhaltigkeit ist schon im architektonischen Entwurf eines Gebäudes angelegt. Neben der Grundrissdisposition, die mit der Bewohnerschaft wachsen kann, leisten auch die Veranden einen wesentlichen Beitrag zur Nachhaltigkeit des Wohnbaus. Als Sommerzimmer bzw. Wintergärten bieten die Veranden die Möglichkeit den Perimeter der Wohnungen – bei gleichbleibender Wohnfläche – den Jahreszeiten entsprechend zu variieren. Der Perimeter weitet sich im Winter und reduziert sich im Sommer. In den warmen Monaten öffnet sich die Fassade der Veranda und wird zum luftdurchströmten Sommerzimmer. Querlüften und Nachtauskühlen der Wohnungen werden so stimuliert und unterstützt. Im Winter hingegen schliesst sich die Fassade, die Veranda wird zum Wintergarten und bleibt auch ohne direkte Heizung ein voll nutzbarer Raum. Die Exponierung der Glasflächen nach Süden sichern wertvolle Wärmegewinne, welche die Erwärmung der inneren Wohnung spürbar unterstützen.
Die Einstellhalle und das Kellergeschoss sind in Massivbauweise aus Ortbeton mit Recyclingzuschlägen konzipiert. Dem Hangverlauf folgend sind beide um ein Halbgeschoss versetzt. So wird die Länge der Einfahrtsrampe der hangseitigen Einstellhalle optimiert und der Aushub wie auch der Betonbedarf reduziert. Auf den massiven Sockel werden die oberirdischen Geschosse in Holzbauweise erstellt. Vorgefertigte, ausgedämmte Holzbauelemente bilden ein ausgesteiftes Kastensystem aus tragenden Innen- und Aussenwänden. Zwischen diesen Wänden spannen Holzelementdecken und laufen – aufgrund ihrer gedämmten Füllung – ohne thermische Trennung in die Veranden und Balkone über. Dieses unkomplizierte Konstruktionsprinzip sichert eine effiziente Planung und Realisierung des Bauvorhabens.
Spitz gekantete Bleche aus natureloxiertem Aluminium bilden die Gebäudehülle über der hölzernen Konstruktion. Im Wechsel mit den raumhohen Fenstern verleihen sie dem horizontalen Baukörper eine Vertikalität, welche die bewegte Kubatur zu einem homogenen Baukörper zusammenführt. Die tiefen Veranden und auskragenden Balkone akzentuieren das Volumen und geben dem Baukörper Plastizität. Während die Stirnseiten der Holzdeckenelemente auch mit Aluminium verkleidet sind, bleiben ihre Untersichten holzsichtig und ergänzen die metallene Materialisierung des Baus durch ihre natürliche Oberfläche. Eingebettet im Grün der umgebenen Aussenräume verleiht die Metallhaut mit ihren Spiegelungen und Lichtreflektionen dem Wohnungsbau eine verortete, edle Leichtigkeit. Diese gibt dem gehobenen Anspruch der inneren Wohnungen im Äusseren einen passenden Ausdruck.
AuftraggeberIn
Reformierte Kirche Breite
Auftragsart
Offener einstufiger Wettbewerb
Statik
Seforb Sàrl
Landschaftsarchitektur
Mofa urban landscape studio GmbH
Der Utogrund ist mehr als Schule. Der Nachbarschaft bietet er eine robuste Entlastungsfläche mit ganztägig zugänglichen Sport- und Erholungsflächen. Schulbetrieb und Quartierleben existieren hier gleichberechtigt. Der Ersatzneubau der Schulanlage greift diese synergetische Koexistenz auf, er bewahrt sie als Qualität des Ortes und stärkt dessen Rolle als niederschwelliges Quartierzentrum.
Die Bündelung aller Schulnutzungen in einem Baukörper im Zentrum des Utogrunds optimiert die innerbetrieblichen Abläufe und behält die exponierte Strassenecke für eine quartieroffene Nutzung frei. Die verkehrstechnische Erschliessung der Schule vom nordöstlichen Verlauf der Dennlerstrasse sichert die gefahrlose Zuwegung der Schule. Um den räumlichen und visuellen Durchfluss des Grünraums zu erhalten und ihn nicht durch einen hohen Baukörper zu blockieren, wird das Schulhaus radikal flach gehalten. Zugunsten einer verträglichen oberidrischen Präsenz und der Maximierung der durchfliessenden Aussenflächen, werden beide Turnhallen mit Kraftraum und Nebennutzungen unter Terrain angeordnet und synergetisch an die bestehende Dreifachsporthalle angebunden. Die bewusste Beschränkung des oberirdischen Volumens auf drei Geschosse besetzt die Mitte, ohne sie zu dominieren. Räumlich wie auch visuell verbinden sich die Aussenräume der Letzibadi mit den Sportflächen des Utogrunds und finden ihr stadtseitiges Pendant entlang der Dennlerstrasse – im neu geschaffenen, offenen Quartierpark.
In dieser Abfolge attraktiver Naturräume etabliert sich der Schulbau als integraler Bestandteil des Quartierzentrums Utogrund. Die unter den Obergeschossen zurückspringenden Trakte des Erdgeschosses minimieren den erdgeschossigen Fussabdruck, leiten über runde Ecken die Aussenräume durch den Baukörper, animieren die intuitive Durchwegung und bieten Zugang zu den quartieroffenen Nutzungen der Schulanlage. Im Nordwesten wenden sich Mensa, Bibliothek und Mehrzweckraum dem neuen Park entgegen. Der südliche Bereich bietet Platz für die administrativen Räume der Schulleitung und Lehrerschaft. Im verglasten Durchgang finden beide Trakte zusammen, wo sie sich mit einer doppelten Treppenanlage gegenüberstehen.
Während die südliche Treppe im Erdgeschoss endet, führt die nördliche Treppe weiter in die Untergeschosse und gewährt den Nutzerinnen und Nutzern externer Vereine Zugang zu den Turnhallen. Neben den Garderoben bietet das erste Untergeschoss den direkten Übergang zur bestehenden Dreifelderhalle mit einem gemeinsam genutzten Kraftraum. Im zweiten Untergeschoss öffnen sich die beiden Hallen, welche über ihre Oberlichter entlang der stirnseitigen Deckenflanken mit Tageslicht aus dem Zugangsgeschoss versorgt werden. Das Erdgeschoss entflechtet die öffentlich zugänglichen Bereiche von den intimeren Unterrichtsclustern der Obergeschosse.
Ein hocheffizientes, innen und aussen wahrnehmbares Stahltragwerk bildet die primäre Tragkonstruktion des Neubaus. Mit mehrgeschossigen Zugdiagonalen vereinen sich die Stützen und Deckenträger der Obergeschosse zu einem Raumfachwerk, welches die übergeordneten Tragfunktionen übernimmt. Neben den Auskragungen kann dieses auch die stützenfreien Spannweiten über den Turnhallen und den Versammlungsräumen im Erdgeschoss leisten.
Durch das oben beschriebene Raumfachwerk können Eigen-, Auf-, Nutz und Schneelasten ausschliesslich von effizienten Deckenkonstruktionen über kurze Spannweiten ressourcenschonend in die Stützen und weiter in den Baugrund eingeleitet werden. Die horizontalen Einwirkungen von Wind und Erdbeben werden genauso effizient via schubsteif ausgebildeten Geschossdecken über den Kern sowie die Diagonalverbände in die steifen Untergeschosse geleitet.
Die Ausweitung der bestehenden Grünräume bis an den Strassenverlauf dient nicht nur der urbanen Aufwertung des Utogrunds, sondern sorgt auch für stadtklimatische Verbesserungen. Versiegelte Hartflächen werden auf ein notwendiges Minimum reduziert. Ruderal-kiesige Randbereiche bilden einen sanften Übergang zu den extensiven Wiesenflächen und schaffen ein Gefühl von Stadtnatur.
Naturbelassene Flächen erlauben die Versickerung des Regenwassers. Der dichte Baumbestand des Parks sorgt für sommerliche Abkühlung, Frischluft und bietet gemeinsam mit den Wiesenflächen vielen Kleintieren und Vögeln einen biodiversen Lebensraum. Auch auf dem Dach des Schulbaus gelangen die Schulkinder in eine unerwartet vielfältige Naturlandschaft. Man hört das Summen der Bienen, kann Insekten und Vögel beobachten und findet Orte und Nischen für den Rückzug. Der Lärm auf dem Pausenhof und die Geräuschkulisse der Stadt bleiben im Hintergrund.
Ein grosser Bodenaufbau über der Dachhaut ermöglicht eine hohe Pflanzenvielfalt von Gräsern, Stauden, Sträuchern bis hin zu kleineren Bäumen. Gleichzeitig kann viel des anfallenden Regenwassers im Substrat gespeichert und zurückgehalten werden. In einem Tank unter dem Terrain wird das Wasser gespeichert und kann für die Bewässerung der Pflanzen wiederverwendet werden. Umlaufende, aufgeständerte PV-Module über dem Gründach grenzen den Garten zum Dachrand hin ab.
Ansicht
Die Mitte besetzen und die Ränder stärken. Als hybrider Aussenraum artikuliert der neugeschaffene Park den stadtseitigen Auftakt des Utogrunds. In Anlehnung an ortstypische Stadtplätze brechen chaussierte Flächen die Asphaltbeläge im Kreuzungsbereich auf. Der runde Pavillon mit dem ebenfalls runden Wasserbecken markiert den öffentlichen Zugang der Anlage. Das kleine Café mit flexibler Bestuhlung wird zum Treffpunkt der Nachbarschaft. Austausch, Begegnung und Boule lassen diesen Auftakt zum belebten Quartierplatz werden. Von ihm aus führen barrierefreie Wege in die Anlage und leiten durch den Park bis zum Schulbau über. Nutzungsüberlagerungen zwischen Quartier und Schulbetrieb sind durchaus erwünscht. Eingebettet in den Parkflächen liegen verschiedene Spielbereiche und die Allwetterplätze, welche auch ausserhalb der Schulzeiten für die Benutzung offenstehen.
Der baumbestandene Grünraum fungiert als räumlicher und akustischer Filter zwischen Schulanlage und Strasse. Die Umzäunung des Areals bleibt funktional erhalten, wird aber den neuen öffentlichen Freiräumen der Anlage und der Vernetzung des Quartiers gerecht. Bei entsprechender Sportveranstaltung kann zwischen Parkanlage und Laufbahn ein Trenn-Netz eingezogen werden, ähnlich dem System eines Vorhangs entlang weitläufigen Stahlstützen. Dabei können die Parkflächen unabhängig der Veranstaltung uneingeschränkt genutzt werden. Als sinnvolle und akustische Grenze zwischen Sportfeld und Albisriederstrasse bilden die Tribüne und Mauerstücke ein angemessenes Gegenüber zum Schulneubau und der bestehenden Dreifachsporthalle.
AuftraggeberIn
Stadt Zürich
Auftragsart
Offener einstufiger Wettbewerb
Statik
Seforb Sàrl
Landschaftsarchitektur
Mofa urban landscape studio GmbH
Kilchbergs Wohnlagen oberhalb des Zürichsee bieten nicht nur den direkten Blick aufs Gewässer, sondern auch das Panorama der Glarner Alpen am südlichen Horizont. Die bestehende Hanglage der Ortschaft macht es der Bebauungsstruktur jedoch schwer, sämtlichen Wohnungen beide Vorzüge und zudem eine optimale Besonnung zu gewährleisten. Durch die verschobene Setzung seiner polygonalen Baukörper sichert das vorgeschlagene Neubauprojekt beiden entstehenden Wohneinheiten eine gleichwertige Ausrichtung auf See und Alpenpanorama. In ihrer Dimension an den historischen Bauten Kilchbergs orientiert, zonieren die Baukörper den Aussenraum und fassen zwei geschützte sowie ganztags besonnte Gärten mit zweiseitigem Ausblick. Darunter ebnet das bewohnte Sockelgeschoss die Hanglage für diese grosszügigen Freiflächen und stellt dem so maximierten Aussenraum ein Maximum an hochwertiger Wohnfläche gegenüber.
Frei um einen zentralen Kern mit Lift, Stauraum und Kamin, ordnen sich die Wohnnutzungen des Erdgeschosses an. Entlang der verglasten Südfassade verteilen sich Wohnen, Kochen und Essen zirkular um diese Mitte herum. Zwischen Wohn- und Essbereich lässt sich die Küche vollständig zum Garten hin öffnen und dient diesem als gesellige Bar mit Servicebereich. Zusammen mit dem exponiertem «Gartenzimmer» entsteht durch den attraktiven Wechsel von Innen- und Aussenräumen eine hochwertige Wohnvielfalt, in der sich Räume unterschiedlicher Dimension und Qualität überschneiden – auch in der Vertikalen.
Ein niedriger Garagenbau für vier Fahrzeuge dient als Filter zu den privaten Aussenräumen und bildet strassenseitig einen befestigten Vorplatz als Adresse der Überbauung aus. Direkte Verbindungen der Garage zu den Einheiten markieren die Hauptzugänge der Wohnungen und erlauben gleichzeitig einen direkten Weg zwischen Fahrzeug und Wohnung. Als Schwellenräume ausgebildet, dienen diese Bereiche für Empfang und Ablegen der Garderobe, bevor man die eigentlichen Wohnräume betritt.
Der überhohe Wohnbereich im Inneren der Einheiten verbindet das Erdgeschoss mit den Räumen des Obergeschosses. Verglaste Falttüren rahmen diesen Luftraum und ermöglichen es den Bewohnern, die Verbindung als fliessende Raumfolge zu öffnen oder die oberen Bereiche als separierte Individualräumen abzutrennen. Ebenfalls um den zentralen Kern organisiert, lassen sich diese Räume durch Schiebetüren flexibel trennen oder zusammenschalten. Intimer Rückzug wird ebenso möglich wie die grosszügige Ausweitung der erdgeschossigen Wohnnutzung auf eine offene Galerie im Obergeschoss.
Analog dem überhohen Wohnraum zum Obergeschoss schafft ein begrünter Patio die räumliche Verbindung ins Sockelgeschoss. Neben Frischluft und Tageslicht führt dieser auch die Natur des Gartens bis auf die untere Wohnebene. Während die talseitigen Räume durch die Versätze ihrer Wandabwicklung einen geschützten Aussenbezug mit Seeblick erhalten, verleiht der Patio den rückwärtigen Raum eine besondere, intimere Atmosphäre. Durch diesen inneren Garten wird der Sockel nicht als Untergeschoss wahrgenommen, sondern erlangt eine besondere Qualität als helles und grosszügiges Wohngeschoss.
Raum, Licht und Natur greifen harmonisch über alle Ebenen der Wohneinheiten ineinander. Organisch entwickeln sich der innere und äussere Lebensraum zu einem natürlichen Gefüge. Diese Natürlichkeit prägt auch den Ausdruck und die Materialisierung des Neubaus. Massive Bruchsteinmauern bilden den nördlichen Rücken der Wohnungen und setzen sich in den Bodenbelägen des Gartens sowie den Stützmauern Sockels fort. Auf der Südseite ergänzen Fensterrahmen aus Holz und textile Vorhänge den wertigen Kanon natürlicher Materialen. Grossflächige Verglasungen erlauben die ganztägige Belichtung der inneren Räume und tragen so zu einer konsequenten Durchdringung von Innen und Aussen bei. Gleichwertig für beide Einheiten entsteht eine stimmige Wohnatmosphäre, welche die Vorteile der Lage in sich aufnimmt und daraus ein optimales Angebot an Wohnraum aber auch Naturbezug ableitet.
AuftraggeberIn
Privat
Auftragsart
Selektiver Wettbewerb, Ersatzneubau Mehrfamilienhaus
© Nightnurse Images
Im derzeitigen Zustand stellt die Hafenanlage Enge einen störenden Bruch in einer Abfolge qualitativer Räume entlang des Zürcher Seeufers dar. Als Parkplatz genutzt, blockiert es den offenen Zugang zum See – und das an einem Ort, der mit dem «Aquaretum», dem «Züri Leu» und den repräsentativen Bauten des Mythenquai ein hohes urbanes Potenzial aufweist. Um dieses Potential zu entfalten, empfiehlt das vorliegende Projekt einen befestigten und nutzungsoffenen Stadtraum: Aus den bestehenden Fusswegen der Uferpromenade erwächst eine offene Platzfläche, die sich als integraler Bestandteil in die Raumabfolge des Seeufers einbettet.
Entgegen den umgebenden Grünflächen bieten dieser Platz jedoch die Möglichkeit einer ganzjährigen und witterungsunabhängigen Benutzung. Kiosk und Züri-WC unterstützen einen niederschwelligen Zugang und erlauben gleichzeitig ein Nutzungsspektrum von Aufenthalt, Aneignung bis hin zum Gross-Event. Dieser polyvalente Stadtplatz schliesst daher nicht nur die stadträumliche Lücke in Zürichs Ufergürtel, sondern auch jene im Angebot des städtischen Lebens entlang des linksseitigen Seeufers.
Im Spannungsfeld zwischen künstlerischer Installation und nutzbarer Architektur, wird das «Hafendach» zum identitätsstiftenden Attraktor.
Dank diesem wird der Platz zur unverwechselbaren Adresse im Zürcher Stadtbild. Von zwölf elegant taillierten Pylonen hängen elf gefaltete Stahlbleche und addieren sich 3 Meter über dem Platzniveau zu einer Skulptur von 100 Metern Gesamtlänge. Angesichts dieser Dimension wirken die hell gefärbten, 20 Millimeter starken Stahlbleche geradezu papieren. Diese Materialität – kombiniert mit der Horizontalität des «Hafendachs» – verweist bewusst auf die nautische Anmutung des Schiffbaus und stärkt so die Atmosphäre des bestehenden Segelhafens.
Die kippbaren Tribünen sind als reine Stahlkonstruktionen konzipiert. Die Dachsegmente sind durch abgekantete und zickzackförmig verschweisste Bleche gebildet. Durch die so entstehende Faltwerkwirkung kann die 8.5 Meter Spannweite ohne zusätzliche Massnahmen bewältigt werden. Stirnseitig bilden angeschweisste Blechwangen den Abschluss. Diese liegen mittig auf einer kugelgelagerten Stahlwelle auf. Ohne asymmetrisch veränderliche Belastungen befindet sich die Konstruktion somit in einem statischen Gleichgewicht.
Der nötige Lastausgleich und die Stabilisierung wird durch jeweils zwei schräge Seile erreicht, die am Kopf der Pylone umgelenkt und nach unten zu einem Elektromotor geführt werden. Mittels der ersten drei Stufen wird die Tribüne (gekippter Zustand) im Boden verankert und allfällige Schwingungen so eliminiert. Die Pylone werden auf Einzelfundamenten verankert, die mit Injektionsbohrpfählen im Untergrund eingespannt werden.
Die Segmente des Daches sind beweglich an den Pylonen befestigt. Jederzeit können sie aktiviert werden. Die Neigung der Segmente zur See- oder Strassenseite generiert Sitztribünen oder Bühnenrückwände. Die Skulptur gibt ihren Nutzen preis. Die geknickte Untersicht der Stahlbleche wandelt sich zu ergonomischen Sitzstufen. Die Aufkantung der Ränder gewährleistet die statische Höhe, dient aber ebenso als Absturzsicherung der Tribünen.
Aus dem Objekt wird Architektur, und diese vervielfältigt die Möglichkeiten des Platzes: Ohne Aufwand für Transport und Aufbau kann kurzfristig eine leistungsfähige Infrastruktur für Veranstaltungen bereitgestellt werden. Ob für die Streetparade auf dem Mythenquai oder für das Seekino in der Hafenmole, die Neigung der Dachsegmente bietet die benötigten Sitzflächen und dient gleichzeitig als Überdachung für den jeweils rückwärtig zugänglichen Kiosk samt Sanitäranlagen. Deren schmalen, metallverkleidete Holzkonstruktionen sind als minimierte Infrastrukturbauten angelegt und können dank ihrer geringen Breite selbst bei geneigten Dachsegmenten von beiden Seiten aus benutzt werden. Jedes Segment des «Hafendachs» kann individuell gesteuert werden, ohne die Funktionalität der gesamten Anlage zu beeinträchtigen. Dem Platz gewährt dies eine maximale Freiheit für seine Bespielung.
Ausser den Fundamenten der Pylone erfordert die Aufwertung der Hafenanlage keinerlei Erdbewegungen. Obwohl der neue Platz zwei Drittel des Perimeters versiegelt, wird auch dieses Oberflächenwasser dem natürlichen Kreislauf zurückgeführt. Entlang dem Uferverlauf sieht die Platzgestaltung eine Auffangrinne vor, welche das Regenwasser gefiltert in den See abgibt. Die punktuelle Bewässerung der Ufermauer bietet Moosen und Farnen einen optimalen Nährgrund. Die Erneuerung der Platzanlage bietet weitere Synergien, um die Ufermauer zum biodiversen Lebensraum aufzuwerten: Durch implementierte Einbauten können wertvolle Lebensräume geschaffen werden. Unter- wie Oberhalb der Wasseroberfläche bieten künstliche «Nischen» seeseitig zugängliche Hohlräume, die von Flora und Fauna besetzt werden können. Brütende Eisvögel und Wasserfledermäuse finden hier ebenso Unterschlupf wie Seefische oder gar Bisamratten.
Diese Umgestaltung der Hafenbefestigung zum stadtnahen Ökosystem bietet ein Experimentierfeld, welches auch auf andere Seebefestigungen übertragen werden könnte. Gesamthaft zielt die Aufwertung des ehemaligen Hafen Enge auf eine symbiotische Entwicklung neuer Lebensräume, in der Menschen, Tiere und Pflanzen in unmittelbarer Nähe koexistieren können.
AuftraggeberIn
Stadt Zürich
Auftragsart
offener Wettbewerb, Neugestaltung Hafenpromenade mit Kiosk und Seewasserzentrale
Gesamtbaukosten
CHF 15 Mio
Statik
Schnetzer Puskas Ingenieure AG
Gemeinschaft erwächst aus einer geteilten Mitte. Schon heute ist der Garten mit seinem Baumbestand der Nabel des «Wohnigdachses». Das alte Doktorhaus und die zugehörige Remise tragen die Identität des Ortes und rahmen einen Binnenraum, der gemeinschaftliches Zusammenleben animiert. Der Entscheid, dieses Ensemble nicht maximal zu verdichten, sichert diese Qualität. Die vorgeschlagene Ergänzung baut den bestehenden Ort minimalinvasiv weiter und aktiviert den Grünraum bis an die Ränder der Parzelle. Durch den Baumbestand vom benachbarten Park abgesetzt, spannt der Gemeinschaftsraum der Genossenschaft von den Neubauten an der Bahnhofstrasse bis zu jenem am nördlichen Rand des Grundstücks.
Doch die Gemeinschaft stoppt hier nicht: Sie wird in die Vertikale geführt. Als aussenliegende Erschliessung ist den Wohnungen ein offenes und grosszügiges Holzgerüst vorgestellt. Auf ausladenden Plateaus wird die Gemeinschaft des Gartens bis auf die Dachterrassen fortgesetzt. Diese gewonnenen Aussenräume kompensieren die von den Neubauten besetzte Bodenfläche und erweitern den Garten über sämtliche Ebenen der Neubauten. Jede Wohnung wird zur Erdgeschosswohnung und so zum unmittelbaren Teil des Zusammenlebens. Der Aneignung durch Bewohnerinnen und Bewohnern offen, bieten die Plateaus vielfältige Möglichkeiten der symbiotischen Benutzung, von der die unmittelbare Nachbarschaft wie auch die gesamte Genossenschaft profitiert. Die räumlichen Schwellen zwischen Gemeinschaft und Individuum verschwimmen und werden zugunsten des geteilten Lebensraums für ein nachhaltiges Zusammenleben neu und immer wiederkehrend verhandelt.
Dauerhaftigkeit ist die erste Form der Nachhaltigkeit. Die gesicherte Langlebigkeit der Gemeinschaft und ihren Bauten ist die Basis für deren soziale wie auch ökologische Verträglichkeit. Die Anpassungsfähigkeit der Wohnung zeichnet einen nachhaltigen Lebensraum für wechselnde Lebensumstände aus.
Entfernbare Schwellen ermöglichen den verhältnismässig einfachen Auf- und Rückbau von Wohnungstrennwände ohne zusätzliche Massnahmen an Boden und Decke. Die Wohnungen können so schrumpfen oder wachsen.
Mit ihren kompakten Volumen zwischen den bestehenden Bäumen entlang der Bahnhofstrasse eignen sich die beiden südlichen Bauten für die dichte Anordnung kleinerer Wohneinheiten. Um die effiziente Befüllung der Bauten zu forcieren, spannt sich ein zugehöriger Gemeinschaftsbereich als fix definierter Raum in die Erschliessungsfigur zwischen den Bauten und öffnet sich mit grosser Verglasung nach Süden. Gemeinsam mit diesem Fenster bildet im Südosten der Parzelle ein kleiner Platz samt Kita oder quartiersoffenem Café das Gesicht und die öffentliche Anlaufstelle der Genossenschaft für die Gemeinde Dielsdorf.
AuftraggeberIn
Wohnbaugenossenschaft Wohnigdachs
Auftragsart
Planerwahlverfahren, Neubau Mehrfamilienhäuser
Das quadratische Volumen orientiert sich parallel zum leicht abfallenden Terrain. Der Arealzugang übernimmt die Geometrie der Botschaft und schafft durch die Einbuchtung der Sicherheitsumfriedung eine klare Adresse. Hier teilen sich die sicherheitstechnisch separierten Wege zur Botschaft durch ein zentral gelegenes Wächterhaus.
Der Neubau der Schweizer Botschaft in Addis Abeba steht aus Respekt und Achtung gegenüber dem Gastland auf einem minimalen Fussabdruck. Gleich einem Baum, der Schutz und Schatten spendet, bietet auch die Botschaft einen Ort der Zuflucht, der Begegnung und des Austauschs. Im Sinne des Föderalismus werden sämtliche Funktionen unter einem Dach vereint.
Das Erdgeschoss wird vom Aussenraum umflossen und ist einerseits mit temporär genutzten Funktionen, wie dem Mehrzweck- und Reservearbeitsraum bespielt. Diese Räume lassen sich mittels verschiebbarer Glastüren flexibel einteilen oder sogar komplett öffnen, sodass verschiedene Aktivitäten geschützt unter einem Dach im Garten stattfinden können. Andererseits werden die Kunden für Konsularisches und Visa empfangen und bedient. Dieser Teil ist in der nordöstlichen Ecke der Parzelle durch einen Zaun abgetrennt. Da sich die Arbeitsplätze der Angestellten für Visa und Konsularisches in der Sicherheitszone befinden, sind sie über eine Wendeltreppe mit der Kanzlei verbunden. Die Auskragung übers Erdgeschoss schafft ferner eine grosszügige, gedeckte Eingangssituation.
Das gesamte erste Obergeschoss liegt innerhalb der Sicherheitszone und wird über eine Schleuse im Treppenhaus betreten. Durch das statische System ist dieses Bürogeschoss frei bespielbar und geprägt durch seine Offenheit und visuelle Durchlässigkeit. Es befindet sich auf Höhe der Baumkronen, dadurch ist die Natur allgegenwärtig.
Die Residenz und die repräsentativen Räume im zweiten Obergeschoss haben einen eher introvertierten, privaten Charakter. Loggienartige Patios bilden hier einen Filter zur Aussenwelt. Diese Gartenzimmer laden zum Verweilen im Freien ein und verbinden die angrenzenden Räume visuell zu einem grosszügigen, hellen und grünen Raumgefüge. Die Angestelltenzimmer sind ebenfalls im zweiten Obergeschoss und über einen Gang mit der Botschafterwohnung und den repräsentativen Räumlichkeiten verbunden.
Die Begegnung der unterschiedlichen Funktionen findet im Treppenhaus statt, das durch zwei ineinandergeschlungene Treppen die Betrachtung des Gegenübers zulässt ohne sich dabei direkt zu kreuzen. Eine dieser Treppen geht direkt ins zweite Obergeschoss und ist der private Zugang zur Residenz und zu den repräsentativen Räumen. Die zweite Treppe ist für Angestellte der Kanzlei im Bürogeschoss und für die Angestelltenräume der Residenz.
Die Materialität des Gebäudes wird durch seine statischen Gegebenheiten definiert. Der Stahlbeton als tragendes Element bietet durch seine Kraft und Eigenschaften ein optimales Material für die Gestaltung des Baukörpers. Durch die Pigmentierung mit erdigen Tönen und in Verbindung mit dem natürlichen Rohstoff Holz fügen sich die Komponenten zu einem harmonischen Ganzen in die Landschaft ein.
AuftraggeberIn
Bundesamt für Bauten und Logistik BBL
Auftragsart
offener Wettbewerb, Neubau Schweizer Botschaft mit Residenz
Gesamtbaukosten
CHF 15 Mio
Offener einstufiger Wettbewerb 2022, 2. Rang
Ein Abbruch der bestehenden Wohnzeilen mit ihren 72 Wohnungen fördert weder die Schaffung eines Maximums an günstigem Wohnraum, noch gelingt durch ihn eine quartierverträgliche Nachverdichtung der Siedlungsstruktur – im Gegenteil: beidem steht er im Wege. Selbst bei maximaler Ausnutzung der Parzelle bedeutet der reine Neubau ein Minus an Wohneinheiten. Doch der Abbruch verbietet sich nicht nur aus Gründen der Effizienz und Ökologie, sondern auch aus ortsbaulichen, soziologischen und typologischen Überlegungen heraus. Eine nachhaltige Transformation kann durch Kahlschlag nicht gelingen. Im Sinne einer verträglichen Eingriffstiefe in das Ortsbild, wäre der totale Ersatz ein schädlicher Eingriff, sowohl in die Siedlungsstruktur als auch in die Bewohnerschaft.
Eine sinnstiftende Ergänzung bestehender Bauten ist die weitsichtigere Alternative: Sie verhindert die sukzessive Verdrängung der Bewohner und hält so die wichtige Identifikation mit dem Quartier aufrecht.
Baulich aber auch soziologisch sichert sie eine verträgliche und kontinuierliche Siedlungsbiografie. Nicht zuletzt sichert der Erhalt der Bauten in Schwamendingen auch ein signifikantes Plus an Wohnungen. Seit ihrer Entstehung 1961 liefern die drei bestehenden Zeilenbauten vielseitigen und beliebten Wohnraum. Die Grundrissdisposition weist multifunktionale Räume in einer effizienten Kammerstruktur aus, ergänzt durch optimierte und leistungsfähige Küchen und Bäder. Der Flächenbedarf der Wohnungen liegt unter den heutigen Vorgaben der Wohnbauförderung, entpuppt sich aber eben dadurch als zukunftsweisender Fingerzeig. Die bestehenden Wohnungen bieten vieles auf, worauf die aktuellen Bestrebungen nach einem suffizienten Wohnstandards mit minimiertem individuellem Flächenverbrauch hin abzielen. Ihr Erhalt ist mehr als sinnfällig und sichert für die Überbauung ein Gesamtangebot an bedarfsgerechtem und äusserst günstigem Wohnraum.
Durch den Erhalt der Bestandsbauten und die Platzierung neuer Bauten zwischen ihnen lässt sich ein absolutes Maximum an Wohnungen ausreizen. Nur so kann dem obersten Gebot, der Sicherstellung von günstigem Wohnraum, Folge geleistet werden: Neben den 72 Wohnungen der Bestandsbauten entstehen in den beiden Neubauten weitere 32 Einheiten, welche das bestehende Angebot mit familientauglichen Gross- und altengerechten Kleinwohnungen abrunden. In der Summe entstehen 104 statt der ursprünglich anvisierten 58 Wohnungen! Eine ökonomisch, soziologisch und wirtschaftlich positive Gesamtbilanz, die durch einen Abbruch verhindert würde.
Der Erhalt der Bestandsbauten erlaubt es zudem, mit den Anlagekosten rund CHF 6.8 Mio. unter den erwarteten Erstellungskosten zu bleiben. Dies führt dank Kostenmiete dazu, dass es geschafft wird, im sanierten Bestand eine 1-Zimmerwohnung knapp über CHF 300 Monatsmiete zu erreichen. Eine 4-Zimmerwohnung liegt unter CHF 900 Mietpreis pro Monat. Eine 1-Zimmerwohnung im Neubau wird so für etwas über CHF 600 Monatsmiete und eine 6-Zimmerwohnung unter CHF 2000 pro Monat verfügbar sein.
Die pauschalisierten Investitionskosten nach Wohnbauförderungsverordnung kann so um fast 50% unterschritten werden. Hinzu kommt, dass die sehr kompakten Wohneinheiten in den Bestandsbauten sowie die effiziente Erschliessung in den Neubauten den Wohnungsmix pragmatisch erfüllen und so zu viel Wohnraum bei wenig Verkehrsfläche und Fassadenabwicklung führen. Die langlebigen und pflegeleichten Materialien erlauben es zudem die Betriebskosten langfristig tief zu halten.
Auch in der Erscheinung der Bauten ist die Zusammengehörigkeit von Alt und Neu ablesbar. In Anlehnung an den Bestand sind die Fassaden der Neubauten mit Eternittafeln verkleidet. Dahinter verbirgt sich eine hybride Konstruktion: Die unteren Geschosse sind aus Ortbeton gegossen, während die oberen Wohngeschosse in Holzbauweise vorgesehen sind. Über sämtliche Geschosse bestehen die Aussenwände aus vorfabrizierten Holzbauelementen und die Decken aus CLT Massivholzdecken. Neben der so reduzierten grauen Energie der Tragstruktur wird auch im Ausbau auf eine Verwendung nachhaltiger Materialien gesetzt. So könnten die neuen Lehmböden aus jenem Rohmaterial gefertigt werden, der beim Aushub der beiden Neubauten gewonnen und zwischengelagert wird. Die Neubauten werden im Minergie-P ECO Standard erstellt. Die Bestandsbauten werden energetisch so optimiert, dass sie bei einem GEAK (Gebäude Energie Ausweis der Kantone) die Stufe C bei der Gebäudehülle sowie bei der Gesamtenergieeffizienz erreichen. Auf dem Dach der Neubauten und rund einem Drittel der Bestandsbauten wird, nebst der Begrünung, zudem eine leistungsstarke PV-Anlage installiert.
Den grössten Einfluss hat hingegen die Einsparung an grauer Energie von über 2‘500‘000 kWh und 700´000 kg CO2 Äquivalenz, welche rein in den Bestandsbauten schlummern und durch die Weiterverwendung wesentlicher Bauteile eingespart werden können. Bei einem kompletten Neubauszenario würde diese wertvolle Bausubstanz abgerissen und neu realisiert werden. Die Energiebilanz der grauen Energie und Heizenergie ist nach ~16 Jahre bzw. ~21 Jahren ausgeglichen. Da die Heizenergie nach der Sanierung primär aus erneuerbaren Energien (Fernwärme/Photovoltaik) besteht, werden die Belastungen, die die Erstellung des Gebäudes verursacht, im Verhältnis bedeutender.
Die bestehenden Wohnungen bieten vieles auf, worauf die aktuellen Bestrebungen nach einem suffizienten Wohnstandards mit minimiertem individuellem Flächenverbrauch hin abzielen. Ihr Erhalt ist mehr als sinnfällig und sichert für die Überbauung ein Gesamtangebot an bedarfsgerechtem und äusserst günstigem Wohnraum.
Auch die bauliche Substanz der Bestandsbauten legitimiert ihren Abbruch nicht. Das Ende der Lebensdauer ist bei weitem nicht erreicht, was den Abbruch ökologisch, aber auch ökonomisch in Frage stellt. Kein Ersatz ist günstiger als der Erhalt. Die solide Grundstruktur der Bauten wurde 1991 saniert und kann darauf aufbauend durch einen weiteren Durchlauf mit überschaubaren und sinnvollen Massnahmen effizient für die Zukunft ertüchtigt werden. Der Ersatz der Fenster und eine Optimierung der Dämmung auf dem zum Flachdach rückgebauten Dach optimiert die Gebäudehülle. Im Zuge einer Pinsel- und Strangsanierung werden die innersten Oberflächen aufgefrischt sowie die Küchen und Bäder auf einen zeitgemässen Stand gebracht. Diese Ertüchtigungen sichern den Status Quo der Wohnungen und vermindern durch schmalen Eingriffe Hindernisse, wo immer möglich.
Eine Hindernisfreiheit auf allen Ebenen ist jedoch nicht zu erlangen, kann aber durch die neu entstehenden Bauten abgefedert und durch das umfassende und stetig wachsende Immobilienportfolio der Stadt Zürich ausgeglichen werden. Nicht ohne Investitionen aber mit einem angemessenen Aufwand kann der Bestand auf einen baulichen Zustand gehoben werden, welcher dem eines Neubaus nicht nachsteht. So bieten die drei bestehenden Wohnzeilen für weitere Generationen ihrer Bewohnerklientel leistungsfähige und ansprechende Wohnungen, welche eine ebenso lange Lebenserwartung aufweisen, wie die zwischen ihnen ergänzten Neubauten.
Eine Besonderheit der zu beplanenden Parzelle begünstigt die sinnfällige und massvolle Einpassung neuer Bauten zwischen den Bestandszeilen. Durch zwei querstehende Garagenzeilen dehnt sich der Raum zwischen den Bauten auf ein Mass von 37 Meter – eine Distanz, welche die Abstände der umgebenden Siedlungsstruktur spürbar übersteigt. Der Rückbau der Garagen spielt Räume frei, in denen sich zwei Neubauten verträglich einpassen, ohne die Funktionsweise der Bestandsbauten zu tangieren – im Gegenteil: Die verdichtende Ergänzung führt das Verhältnis von Masse und Freiraum näher an jenes der umgebenden Bebauung und bewahrt trotz Nachverdichtung fliessende Grünräume durch eine aufgelockerte und authentische Bebauung als prägendes Quartiermerkmal Schwamendingens.
Die Regelung der Arealüberbauung gewährt den neuen Bauten eine Höhe von sieben Vollgeschossen. Der Zuschlag für Mehrlängen und Mehrhöhen verkürzt ihre Dimension, so dass sich die Köpfe der Bauten beidseits gegenüber den Zuwegungen zurückversetzen. Die Setzung zwischen den Bestandsbauten ist dagegen asymmetrisch. Bewusst rücken die neuen Baukörper 14 Meter von der Westfassade des jeweils östlichen Bestandblocks ab und belassen einen Abstand von 8 Metern zu den Ostfassaden des gegenüberliegenden Blocks. So wird die Besonnung der nach Westen orientierten Wohnräume der Bestandsbauten ebenso gesichert, wie die Morgensonne für die Aussenbereiche der neuen Kita- und Betreuungsräume.
Die Westflanken der Neubauten nähern sich den Ostfassaden der bestehenden Bauten, hinter denen sich die Treppenhäuser, Küchen und Bäder befinden. Die wenigen Schlafräume in diesem Bereich profitieren von der azyklischen Bespielung der Betreuungs- und Kita-Angebote in den gegenüberliegenden Neubaugeschossen. Die Sortierung der implementierten Nutzungen im Neubau generiert eine klar städtische, aber dennoch verträgliche Nachbarschaft – auch dadurch, dass sie die neuen Wohnungen über den Horizont der bestehenden Siedlung erhebt.
Trotz der generierten Dichte und der Stapelung unterschiedlicher Nutzungen in den Neubauten ist ein störungsfreies Nebeneinander zwischen Wohnen und Schulnutzung gewährleistet. Gemeinsamkeit ist möglich, wird aber nicht erzwungen. Während sämtliche Wohnungen über die bestehende Luchswiesenstrasse erschlossen werden, erfolgt die Zuwegung der Betreuungsangebote über einen neu angelegten Weg im Süden. Die Strassenparzelle bleibt in ihrer Form grundsätzlich erhalten. Durch die Verlagerung des Trottoirs auf die südliche Seite entsteht zwischen neu gepflanzten Alleebäumen ausreichend Raum für die verkehrstechnische Infrastruktur und städtische Entsorgungseinrichtungen. Die Übergänge in die schmaleren Erschliessungsgassen der Wohnbauten sind durch Velobügel und einzelne Pflanzen, die den Fassaden emporsteigen können, markiert. Von hier leiten Ortbetonstreifen Bewohner wie auch Besucher zu den jeweiligen Eingängen. Der Höhenunterschied von 45 Zentimetern zu den Bestandsbauten wird durch ein Podest mit Sitzstufe aufgefangen, welches entlang der gesamten Erschliessungsgasse verläuft. Atmosphärisch untermalt wird dieser Zwischenraum durch Spannleuchten zwischen den Gebäuden.
In den breiteten Zwischenräumen begegnen sich die Aussenflächen der Kita- Angebote und die Aussenbereiche der bestehenden EG-Wohnungen. Auch diese Privatgärten werden, leicht erhöht, durch eine Sitzmauer begrenzt und sind an bestimmten Stellen durch wenige Stufen mit den Gemeinschaftsflächen verbunden. Der Verlauf der Sitzmauer ist bewusst gestaltet. Durch Vor- und Rücksprünge bildet er unterschiedliche Raumsituationen, die den Anforderungen des Kita-Aussenbereichs gerecht werden und sich so auch der Situation der bestehenden Bäume anpassen. Der Baumbestand bildet ein wesentliches Grundgerüst, um den Garten in seinem Charakter und Ausdrucksform zu erhalten. Auch die Wege und Belagsflächen sollen den Fluss dieses bestehenden Grünraums nicht dominieren. Durch einzelne Interventionen werden kleinere Platzflächen aktiviert und für die Bewohnerschaft zugänglich gemacht. Entflochten von den Zugängen der Wohnungen in den schmaleren Gassen erschliessen hier einzelne längliche Betonplatten mit Rasenfugen die Zugänge der Kita-Angebote und binden sie über den neu angelegten Weg im Süden an die Schulanlage im Westen und die Luchswiesenstrasse im Osten an.
Die räumliche Entflechtung der Erschliessung im Äusseren, setzt sich im Inneren der Neubauten fort: In jeweils einer prägnanten kreisförmigen Doppelhelix werden die unterschiedlichen Bereiche gemeinsam, aber räumliche entkoppelt erschlossen: Von Süden kommend werden die Schulangebote über die Aussenbereiche vor der Ostfassade erreicht. Grossräumige Eingangsfoyers schliessen direkt an einen Strang der Doppelhelix an und erschliessen in offener Spiralbewegung die drei Geschosse der Betreuungs- und Schulräume. Dem gegenüber steht der zweite, geschlossene Strang der Doppelhelix. Dieser mündet in einen Eingangsbereich an der Westfassade der Neubauten und wird – analog den Zugängen der Bestandsbauten – von der nördlichen Strasse aus erschlossen. Dieser Treppenstrang führt bis in die Obergeschosse, bildet auf den unteren Ebenen das Fluchttreppenhaus der Schulnutzungen und erschliesst in den Wohngeschossen sämtliche Einheiten als wirtschaftlicher und doch äusserst identitätsstiftender Vierspänner.
Die Geometrie der Erschliessung wird auch in die Organisation der Wohnungen übertragen. Im Zentrum der Wohnflächen ordnen sich Stauräume, Küchen und Bäder in ebenfalls runden Kernen an. Diese wiederholen nicht nur das identitätsstiftende Moment der Doppelhelix, sondern generieren auch räumliche Vorteile: Die konvexe Aussenform der Kerne leitet den Raumfluss der gemeinsamen Wohnflächen ohne Gangbereiche ineinander über. Die raumöffnende Wirkung in Entrées und Küchen erlaubt eine optimale Flächenausnutzung und ermöglicht zudem die effiziente Anordnung der peripheren Zimmerschichten entlang der Aussenwände.
Die Grosszügigkeit des Wohnerlebnisses basiert somit auf einem flächensparenden Prinzip der räumlichen Organisation. Auch in den Geschossen der Schulnutzungen erscheint die Kreisgeometrie als wiederkehrendes Element. Neben der Garderobe der Kita, welche aus einer radialen Erweiterung der Erschliessung entsteht, befinden sich auch sämtliche Nasszellen in runden Kernen. Zwischen ihnen spannen Wände mit flexiblen Falttüren, die durch die Möglichkeit wandelbarer Raumorganisation eine maximal flexible Bespielung der Räume erlaubt. Das Abtrennen einzelner Bereiche ist ebenso möglich wie das Zusammenschalten der Räume zum Atelierunterricht.
Durch die Besetzung der Räume zwischen den Wohnzeilen entsteht ein dichtes Nebeneinander. In ihrer Setzung beanspruchen die Neubauten einen Aussenraum, welcher vorher den Bewohnern der Bestandsbauten zur Verfügung stand. Zur Kompensation dieser Besetzung werden die Walmdächer der Bestandsbauten abgetragen und als Dachgärten aktiviert. Diese stellen einen halböffentlichen Raum dar, der eine Zwischenstufe zwischen den öffentlichen, stark frequentierten Erschliessungswegen und den privaten Aussenräumen der Wohnungen darstellt. Die Dachgärten stehen der Aneignung durch die Bewohner offen, und dies bewusst über die Gebäudegrenzen hinaus. Als Symbol der Zusammengehörigkeit der fünf Bauten verbinden deutlich wahrnehmbare Fachwerkbrücken die einzelnen Häuser miteinander.
Ein einheitlicher Belag, der sich über diese Brücken und Neubauten erstreckt, verbindet die Terrassen zu einer zusammenhängenden Landschaft und animiert einen Bewegungsfluss der Bewohnerschaft auf dieser Ebene der geschützten Dachgärten. Auf den drei entstehenden Dachflächen wird jeweils eine Pergola mit Beschattungselementen positioniert. Die begehbaren Bereiche werden mit einem Geländer gefasst und geben den offenen Blick in die Umgebung frei. Die Fugen der verlegten Betonplatten werden in den Aufenthaltsbereichen und Wegeverbindungen gestossen verlegt und ermöglichen so die barrierefreie Erschliessung. Nach aussen vergrössern sich die Splittfugen und erzeugen ein spannendes Belagsmuster, das auch Spontanvegetation zulässt. Auf nicht aktivierten Dachflächen wird neben der Photovoltaikanlage eine extensive Begrünung vorgesehen.
Neben der räumlichen Verbindung leisten die Dachgärten aber vor allem den sozialen Zusammenschluss der Bewohnerschaft. Die Möglichkeit der Aneignung stärkt den Zusammenhalt und initiiert eine gemeinschaftliche Benutzung. Die Organisation von Hochbeeten oder gar die partizipative Mitwirkung im Planungsprozess der Terrassengestaltung können die Identifikation der Bewohner als Gemeinschaft zusätzlich stärken.
So können die Dachgärten unterschiedlich durch die Häusergemeinschaft bespielt und gestaltet werden. Von Yogaklassen bis Tischtennisturnieren und Grillieren ist vieles möglich. Der aneignungsoffene Verbund aller Bauten wirkt einer Hierarchisierung zwischen alten und neuen Bauten entgegen und formt aus ihnen eine Identifikationsgemeinschaft – baulich wie auch soziologisch.
Stadt Zürich
Auftragsart
offener Wettbewerb, Bauen im Bestand mit 104 Wohnungen, 4 Kindergärten
Gesamtbaukosten
CHF 49 Mio
Landschaftsarchitektur
MOFA urban landscape studio GmbH
Bis in das Jahr 2030 entstehen im Stadtgebiet Bern 8‘500 neue Wohnungen, ein Grossteil durch die Stadt selbst entwickelt. Das Bestreben der konsequenten Verdichtung nach Innen rückt die städtischen Flächenreserven in den Fokus der Entwicklungsstrategie. Die Aktivierung des Gaswerkareals am Ufer der Aare bietet die Chance, innovative Potentiale der Transformation industrieller Brachen hin zu einer zukunftsweisenden Balance zwischen städtischem Leben und Naturraum zu untersuchen – und daraus synergetische Lösungen für ein zukunftsfähiges Zusammenleben aufzuzeigen. Die Vision für das Gaswerkareal soll dabei aus den spezifischen Eigenschaften des Ortes heraus entwickelt, und so eine unverwechselbare Identität dieses neuen Stadtteils generiert werden.
Als Schwemmebene der Aare weist das Gaswerkareal eine Biodiversität auf, welche jene der monokulturellen Agrarflächen ausserhalb des Stadtgebietes übersteigt. In der Abfolge von Naturreservaten entlang des Flusslaufes stellt der Projektperimeter – zwischen Sportanlage Schönau und Badi Marzili – einen wertvollen Natur- und einen ebenso attraktiven Erholungsraum in unmittelbarer Stadtnähe dar.
Der Absicht, diese Qualitäten zu erhalten, das Potential des Naturraumes für das Stadtklima zu nutzen und gleichwohl für das verdichtete städtische Leben zu aktivieren stellt sich die Vision der Biotopolis. Deren Konzeption löst den Gegensatz zwischen Stadt und Natur auf und verbindet beide in einer gleichwertigen Kohabitation. Die Bewahrung der Schwemmebene schafft dabei einen integrale Naturraum, in welchem es am Menschen ist, sich rücksichtsvoll ein- und anzupassen – ohne auf die notwendige Verdichtung und das städtische Leben zu verzichten.
Auf den Plateaus entstehen Punktbauten, welche in die Höhe wachsen, statt den belassenen Naturraum zu besetzen. Mit 30 Meter Höhe gewährleisten diese Baukörper die notwendige Verdichtung und erreichen die anvisierte Geschossfläche der Stadtentwicklung. Mehr noch: Da die gesamte Schwemmebene als erlebbarer Naturraum erhalten bleibt, erscheint eine Setzung in den nordöstlichen und südöstlichen Rändern des Areals vertretbar, ohne die Qualität des ökologischen Raums zu gefährden. Mit dieser Option erreicht die Ausnutzung gar 98‘200m2. Ohne diese Bauten sind es 82‘000m2. Dabei beginnen die Wohnnutzungen erst in den Obergeschossen. Ausreichend Stauraum in den Wohnungen selbst erlauben es, auf eine Unterkellerung in die Schwemmebene gänzlich zu verzichten. Um die Nutzbarkeit der Plateaus als städtischen Raum zu stärken, stossen die Punktbauten nur mit wenigen Volumen auf diese Fläche.
Neben Zugängen zu den Häusern, bieten diese Räume städtische Funktionen wie Restaurants, Kindergärten oder Apotheken an. Die hochwassersicheren Plateaus bilden den städtischen Raum des Areals, sie sind über das Oval jederzeit untereinander verbunden und bieten den direkten Übergang zu den naturbelassenen Flächen der Schwemmebene. Für eine Dualität zwischen Stadt und Natur – für die Stadt als Natur – bietet Biotopolis das Rahmenwerk eines Prozessdesigns. In seiner Entstehung und Gestaltung frei, gewährleistet es eine zukunftsweisende, robuste, und naturnahe Entwicklung der Stadt zu einem Lebensraum, in dem sich Mensch und Natur respektvoll ergänzen. Eine Entwicklung, von welcher der Mensch schlussendlich am meisten profitieren wird.
Für die symbiotische Einbettung dieser Bauten in den Naturraum dient ein überschaubares Regelwerk. Präzise werden einzelne Bereiche ermittelt, in welchen sich das städtische Leben in dieses System einpassen kann. Statt eines Nebeneinanders von Stadt und Natur entsteht ein Miteinander, aus welchem die neue Stadt als Teil der Natur erwächst. In den Bereichen zwischen Wald- und Gewässerabstand verbleiben Flächen, in denen Baukörper platziert werden können. Von schützenswerten Bäumen, die sämtlich erhalten bleiben, wird mindestens 10 Meter im Radius abgerückt. Zusätzlich zu den existierenden Abstandsregeln dürfen die entstehenden Bauten eine Länge von 60 Meter nicht überschreiten und wahren einen Mindestabstand von 30 Metern untereinander. So entstehen bebaubare Bereiche, welche für die sukzessive Entwicklung des Areals als Potentialräume gelten.
Diese können mit dem Wachstum von Biotopolis frei und offen gestaltet werden. Nur wenige Parameter sind für die Bebauung dieser Felder bindend: Die zu entwickelnden Baufelder werden als Plateaus über die Hochwasserkote von 404.5 bzw. 404 Meter ü. M. angehoben. Mittels eines ovalen Rings auf derselben Kote werden die Plateaus hochwassersicher erschlossen. Dieser Steg schwebt über dem belassenem Naturraum, bindet die Bauten an die Sandrainstrasse und den Platz unter der Monbijoubrücke und verbindet sich mit den bestehenden Wegen entlang des Aareufers. Zwei weitere Stege erschliessen den Kulturkrater im Zentrum von Biotopolis und binden das Quartier Kirchenfeld auf der gegenüberliegenden Flussseite an das neue entstehenden Stadtquartier an.
Die ein Meter hohe Mole ist ein fundamentales Element des neuen Areals. In ihrem Kern beinhaltet sie Werkleitungen, ermöglicht den Hochwasserschutz gegen Aussen und kann Habitat für die heimische Fauna und Flora bieten. Sie ist die Erschliessungsachse für das Areal und fasst den Innenbereich, den natürlichen Kern. Dieser geschützte Kern ist ganz der Natur gewidmet. Hier finden die Naturwerte flächig und als Einzelelement Platz, in Ruhe ihre Ökosystemdienstleistung zu entfalten. Ressourcenschonend und achtsam wird mit dem Bestand umgegangen.
Der Erhalt der Naturwerte sowie die Förderung der Biodiversität hat eine grosse Gewichtung und wird durch den neu angelegten See und seine Ufer erweitert. Eine heimische und standortgerechte Gehölz, Strauch- und Krautschicht ist unabdingbar, sowie eine differenzierte Pflege des gesamten Areals. Der Dynamik sind keine Grenzen gesetzt. In Biotopolis ist Stadt Natur und Natur Stadt.
AuftraggeberIn
Stadt Bern
Auftragsart
offener Wettbewerb, Entwicklung Gaswerkareal und Brückenkopf West
Landschaftsarchitektur
Planikum GmbH