Die neuen Kleinbauten des Ruhtalparks, die Tiefgaragen-Rampe mit Velopavillon und der Treppenturm zur Gleisbrücke bilden zusammen mit dem „Haus der Gemeinschaft“ an der Schaffhauserstrasse 10 ein Trio. Als fast schon verspielte Kleinarchitekturen erlauben sie einen gestalterischen Umgang mit den eigentlich rein funktionalen Bauten und erhalten eine Multicodierung, die über die eigentliche Nutzung hinausreicht. Die Einhausung der Tiefgaragen-Rampe wird so nicht nur zu einem Dach, sondern wird auch als Velostation genutzt. Das Bestandesgebäude an der Schaffhauserstrasse wird zu einem Quartierzentrum mit einem Café und öffentlichen WC-Anlagen umfunktioniert. Über eine wiederkehrende Materialisierung erhalten die drei Folies einen hohen Wiedererkennungswert und werden zu einem neuen Identitätsgeber des Ruhtalparks.
Peripher gelegen fasst der Velopavillon den Park. Einerseits beinhaltet er die Abfahrt für motorisierte Fahrzeuge in die Tiefgarage über die neu gestaltete Rampe, die durch einen Glasabschluss den Lärm abschirmt, den Park jedoch weiterhin sichtbar lässt. Andererseits bietet der Pavillon Zugang zu den Veloabstellplätzen im Obergeschoss über eine Rampe für Fahrradfahrer, wo sich insgesamt 304 doppelstöckige Veloabstellplätze befinden.
Der Velopavillon wird als Holzbau in ökologisch nachhaltiger Bauweise konzipiert. Durch Retentionsflächen und eine extensive Begrünung auf dem Dach sowie vertikale Begrünungen zwischen den Stützen fügt er sich harmonisch in das Freiraumkonzept ein. Die durchlässige Fassadengestaltung ermöglicht es auch den Nachbarn und vorbeiziehenden Fussgängern, die Parkanlage zu erleben.
Der neuesten VSS Norm entsprechend wird die Abfahrtsrampe auf ein Minimum reduziert um eine effiziente, ökonomische zweireihige Parkierungsanlage mit 33 Parkplätzen zu gewährleisten. Dadurch wird dem Freiraum ein möglichst kleiner Fussabdruck zu Grunde gelegt, um viel Platz für nicht unterbaute Flächen und langfristige Baumpflanzungen zu bieten. Durch einen Wendekreis im Bereich der heutigen Einfahrt wird die Trennung von Kurz- und Langzeitparkierung ermöglicht.
Durch wenige, aber gezielte Eingriffe mit grossen Fassadenöffnungen im Erdgeschoss wird das Bestandesgebäude Teil des neuen Quartierplatzes. Es entsteht ein Café, das zum Quartierzentrum wird, vor dem Café laden Sitzstufen zum Verweilen ein und bilden eine zusätzliche Aufenthaltsqualität neben den diversen freiräumlichen Aktivitäten. Im darüber liegenden Geschoss befindet sich eine Galerie, die Raum für kulturelle Veranstaltungen, Ausstellungen und Treffpunkte bietet. Im Dachgeschoss stehen weitere Räume zur Verfügung, die für die Gemeinschaft zugänglich sind. Ein Musikzimmer bietet Raum für harmonische Klänge, das Spielzimmer lädt zu geselligen Aktivitäten ein, und der Seminarraum ermöglicht die Durchführung von Workshops und Bildungsveranstaltungen. Alle Räume können auch günstig gemietet werden, um den Bürgern die Möglichkeit zu geben, eigene Veranstaltungen zu gestalten und die Vielseitigkeit des Gemeinschaftshauses zu nutzen. Das Gemeinschaftshaus wird zu einem Ort des Austauschs, der Kreativität und der Begegnung, der die lokale Gemeinschaft bereichert und stärkt.
Das breite Nutzungsangebot soll Besucher:innen, Anwohner:innen und Angestellte aller Altersgruppen ansprechen. Der Quartierplatz wird zu einem Treffpunkt und Aufenthaltsraum, der durch das „Haus der Gemeinschaft“ an der Schaffhauserstrasse 10 bespielt wird. Der Platz ist vielfältig nutzbar und bietet Raum für kleine Feste und temporäre Veranstaltungen. Das Aktivitätenband ist ein multicodierter Raum, der mit seinen Sport- und Spielflächen einerseits zu konkreten Nutzungen einlädt, jedoch auch durch verstreut platzierte Sitzmöbel beschattete Aufenthalts- und Rückzugsmöglichkeiten anbietet. Die Parkterrasse rahmt durch die Höhendifferenz und die dichte Begrünung die offene Parkmitte. Entlang der Sitzmauer fügen sich locker verteilte Holzplateaus in die Pflanzung und schaffen kleine Rückzugsnischen. Dem gegenüber steht die Parkwiese mit Baumhain als Raum der freien Aneignung zur Verfügung. Die Promenade mit den angrenzenden Vorzonen dient primär als Erschliessungsraum und wird durch die in der Banane ansässigen Nutzungen geprägt.
Durch lockere Baumgruppen und Baumreihen, üppige Kleinbaum- Strauch- und Staudenpflanzungen auf der Parkterrasse und in den Vorzonen sowie durch Kletterpflanzen um den Velopavillon und die artenreiche Parkwiese soll ein vielschichtiges, an den Standort angepasstes Vegetationskonzept entstehen. Der Baumbestand soll wo möglich erhalten und mit weiteren standortangepassten Bäumen ergänzt werden. Die kompakt gehaltene Tiefgaragenerweiterung begünstigt eine nachhaltige und langfristige Begrünung mit Grossbäumen um das Quartierszentrum, die Parkterrasse schafft zusätzliche Aufbauhöhe für eine langfristige Begrünung mit Kleinbäumen, Sträuchern und Stauden entlang des Hotel Banane.
Es werden standortangepasste und Stadtklima geeignete Pflanzen gewählt, die darüber hinaus durch ihre leuchtende Herbstfärbung, ihren Blühaspekt oder ihre feinen Blatt-Texturen zusammen mit der Bestandsvegetation ein repräsentatives und stimmiges Vegetationsbild erzeugen. Zu den Leitarten zählen u.a. Liquidambar styraciflua, Eleagnus angustifolia, Amelanchier lamarckii und Liquidambar styraciflua.
Zur mikroklimatischen Aufwertung und Kühlung der Siedlung werden die Umgebungsflächen maximal entsiegelt. Wo es möglich ist, werden sickerfähige Beläge wie Schotterrasen, Kies und Rasengitterstein verwendet, um die Retention von Regenwasser zur fördern. Das Regenwasser der Promenade und Vorzonen entlang dem Hotel Banane soll in die angrenzende Parkterrasse eingeleitet werden. Üppige Baumpflanzungen auf dem Quartierplatz und entlang der Brunngasse wirken als Schattenspender und fördern den Kühleffekt.
AuftraggeberIn
Siska Immobilien AG
Auftragsart
Selektiver Wettbewerb auf Einladung mit Studio Vulkan Landschaftsarchitektur AG
Verkehrsplaner
IBV Hüsler AG
Bis in das Jahr 2030 entstehen im Stadtgebiet Bern 8‘500 neue Wohnungen, ein Grossteil durch die Stadt selbst entwickelt. Das Bestreben der konsequenten Verdichtung nach Innen rückt die städtischen Flächenreserven in den Fokus der Entwicklungsstrategie. Die Aktivierung des Gaswerkareals am Ufer der Aare bietet die Chance, innovative Potentiale der Transformation industrieller Brachen hin zu einer zukunftsweisenden Balance zwischen städtischem Leben und Naturraum zu untersuchen – und daraus synergetische Lösungen für ein zukunftsfähiges Zusammenleben aufzuzeigen. Die Vision für das Gaswerkareal soll dabei aus den spezifischen Eigenschaften des Ortes heraus entwickelt, und so eine unverwechselbare Identität dieses neuen Stadtteils generiert werden.
Als Schwemmebene der Aare weist das Gaswerkareal eine Biodiversität auf, welche jene der monokulturellen Agrarflächen ausserhalb des Stadtgebietes übersteigt. In der Abfolge von Naturreservaten entlang des Flusslaufes stellt der Projektperimeter – zwischen Sportanlage Schönau und Badi Marzili – einen wertvollen Natur- und einen ebenso attraktiven Erholungsraum in unmittelbarer Stadtnähe dar.
Der Absicht, diese Qualitäten zu erhalten, das Potential des Naturraumes für das Stadtklima zu nutzen und gleichwohl für das verdichtete städtische Leben zu aktivieren stellt sich die Vision der Biotopolis. Deren Konzeption löst den Gegensatz zwischen Stadt und Natur auf und verbindet beide in einer gleichwertigen Kohabitation. Die Bewahrung der Schwemmebene schafft dabei einen integrale Naturraum, in welchem es am Menschen ist, sich rücksichtsvoll ein- und anzupassen – ohne auf die notwendige Verdichtung und das städtische Leben zu verzichten.
Auf den Plateaus entstehen Punktbauten, welche in die Höhe wachsen, statt den belassenen Naturraum zu besetzen. Mit 30 Meter Höhe gewährleisten diese Baukörper die notwendige Verdichtung und erreichen die anvisierte Geschossfläche der Stadtentwicklung. Mehr noch: Da die gesamte Schwemmebene als erlebbarer Naturraum erhalten bleibt, erscheint eine Setzung in den nordöstlichen und südöstlichen Rändern des Areals vertretbar, ohne die Qualität des ökologischen Raums zu gefährden. Mit dieser Option erreicht die Ausnutzung gar 98‘200m2. Ohne diese Bauten sind es 82‘000m2. Dabei beginnen die Wohnnutzungen erst in den Obergeschossen. Ausreichend Stauraum in den Wohnungen selbst erlauben es, auf eine Unterkellerung in die Schwemmebene gänzlich zu verzichten. Um die Nutzbarkeit der Plateaus als städtischen Raum zu stärken, stossen die Punktbauten nur mit wenigen Volumen auf diese Fläche.
Neben Zugängen zu den Häusern, bieten diese Räume städtische Funktionen wie Restaurants, Kindergärten oder Apotheken an. Die hochwassersicheren Plateaus bilden den städtischen Raum des Areals, sie sind über das Oval jederzeit untereinander verbunden und bieten den direkten Übergang zu den naturbelassenen Flächen der Schwemmebene. Für eine Dualität zwischen Stadt und Natur – für die Stadt als Natur – bietet Biotopolis das Rahmenwerk eines Prozessdesigns. In seiner Entstehung und Gestaltung frei, gewährleistet es eine zukunftsweisende, robuste, und naturnahe Entwicklung der Stadt zu einem Lebensraum, in dem sich Mensch und Natur respektvoll ergänzen. Eine Entwicklung, von welcher der Mensch schlussendlich am meisten profitieren wird.
Für die symbiotische Einbettung dieser Bauten in den Naturraum dient ein überschaubares Regelwerk. Präzise werden einzelne Bereiche ermittelt, in welchen sich das städtische Leben in dieses System einpassen kann. Statt eines Nebeneinanders von Stadt und Natur entsteht ein Miteinander, aus welchem die neue Stadt als Teil der Natur erwächst. In den Bereichen zwischen Wald- und Gewässerabstand verbleiben Flächen, in denen Baukörper platziert werden können. Von schützenswerten Bäumen, die sämtlich erhalten bleiben, wird mindestens 10 Meter im Radius abgerückt. Zusätzlich zu den existierenden Abstandsregeln dürfen die entstehenden Bauten eine Länge von 60 Meter nicht überschreiten und wahren einen Mindestabstand von 30 Metern untereinander. So entstehen bebaubare Bereiche, welche für die sukzessive Entwicklung des Areals als Potentialräume gelten.
Diese können mit dem Wachstum von Biotopolis frei und offen gestaltet werden. Nur wenige Parameter sind für die Bebauung dieser Felder bindend: Die zu entwickelnden Baufelder werden als Plateaus über die Hochwasserkote von 404.5 bzw. 404 Meter ü. M. angehoben. Mittels eines ovalen Rings auf derselben Kote werden die Plateaus hochwassersicher erschlossen. Dieser Steg schwebt über dem belassenem Naturraum, bindet die Bauten an die Sandrainstrasse und den Platz unter der Monbijoubrücke und verbindet sich mit den bestehenden Wegen entlang des Aareufers. Zwei weitere Stege erschliessen den Kulturkrater im Zentrum von Biotopolis und binden das Quartier Kirchenfeld auf der gegenüberliegenden Flussseite an das neue entstehenden Stadtquartier an.
Die ein Meter hohe Mole ist ein fundamentales Element des neuen Areals. In ihrem Kern beinhaltet sie Werkleitungen, ermöglicht den Hochwasserschutz gegen Aussen und kann Habitat für die heimische Fauna und Flora bieten. Sie ist die Erschliessungsachse für das Areal und fasst den Innenbereich, den natürlichen Kern. Dieser geschützte Kern ist ganz der Natur gewidmet. Hier finden die Naturwerte flächig und als Einzelelement Platz, in Ruhe ihre Ökosystemdienstleistung zu entfalten. Ressourcenschonend und achtsam wird mit dem Bestand umgegangen.
Der Erhalt der Naturwerte sowie die Förderung der Biodiversität hat eine grosse Gewichtung und wird durch den neu angelegten See und seine Ufer erweitert. Eine heimische und standortgerechte Gehölz, Strauch- und Krautschicht ist unabdingbar, sowie eine differenzierte Pflege des gesamten Areals. Der Dynamik sind keine Grenzen gesetzt. In Biotopolis ist Stadt Natur und Natur Stadt.
AuftraggeberIn
Stadt Bern
Auftragsart
offener Wettbewerb, Entwicklung Gaswerkareal und Brückenkopf West
Landschaftsarchitektur
Planikum GmbH